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Mittelalter in Tallinn – So schön ist die Hauptstadt Estlands

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Estland

Mittelalterlicher Charme empfängt mich, als ich die Stadtmauer von Tallinn erreiche und durch eines der Haupttore in die historische Altstadt eintrete. Augenblicklich fühle ich mich um Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzt.

Schon im 14. Jahrhundert verteidigte die alte Mauer die Hauptstadt Estlands. Heute kann Tallinn mit einer der besterhaltenen mittelalterlichen Befestigungsanlagen in Europa aufwarten.

Tallinn

Mit meiner Kamera um den Hals und wärmenden Sonnenstrahlen im Rücken, schlendere ich durch Tallinns Unterstadt, die mir wie ein verwirrendes Labyrinth aus kleinen Gassen erscheint.

Bis ins späte 19. Jahrhundert hieß Tallinn übrigens Reval. Deutsch war damals Amtssprache. Unabhängig wurde Estland 1918 und seitdem trägt die Stadt den Namen Tallinn.

Tallinn

Vom süßen Duft gebrannter Mandeln angezogen, lande ich auf dem Rathausplatz, dem Herzen der Altstadt. Hier spielt sich das touristische Leben Tallinns ab. Als Burgfräulein verkleidete Frauen verkaufen traditionelle Köstlichkeiten, Restaurants im Mittelalter-Stil buhlen um Kundschaft und Gaukler führen kleine Kunststücke zur Belustigung der Besucher auf.

Die Show, die hier betrieben wird, ist mir ein wenig too much. Das Ganze wirkt etwas aufgesetzt. Aber zum Glück versuchen nicht nur die Straßenkünstler und kostümierten Schauspieler eine typische Mittelalter-Atmosphäre zu erzeugen, sondern die schönen, alten Gebäude rund um den Rathausplatz tun das schon ganz von selbst.

Tallinn

Es sind gut erhaltene Kaufmannshäuser der Alten Hanse, die den Platz schmücken. In der Mitte steht das Wahrzeichen und eines der bedeutensten Gebäude der Stadt, das Rathaus mit seinem schlanken Turm. Gleich gegenüber präsentiert sich die Raeapteek, die Ratsapotheke, eine der ältesten Apotheken Europas.

Tallinn

Tallinn

Ich ergattere einen der beliebten Sonnenplätze in einem der vielen kleinen Cafés, die ihre Stühle bis weit auf den Rathausplatz ausgebreitet haben und bestelle einen extragroßen Milchkaffee. Der Himmel strahlt in seinem schönsten Blau. Ich lehne mich entspannt zurück und beobachte die Menschen um mich herum.

Am Nebentisch stochern zwei blonde Mädchen mit ihren Strohhalmen zwischen den Eiswürfeln ihrer Cola, während die Eltern sich angeregt auf einer Sprache unterhalten, von der ich kein Wort verstehe. Ich tippe auf etwas Skandinavisches, vielleicht Schwedisch?! Vor dem Rathaus hockt ein verliebtes Pärchen und massenweise Touristen laufen mit aufgeschlagenem Reiseführer umher.

Tallinn

Ich verlasse den quirligen Rathausplatz und flaniere durch die kopfsteingepflasterten Gassen Richtung Oberstadt. Der schlanke Turm der Olaikirche, der zwischen den hübschen Gebäuden heraussticht, war einst stolze 159 Meter hoch und galt zwischen den Jahren 1549 und 1625 sogar als das höchste Gebäude der Welt. Haha, der Burj Khalifa in Dubai würde sich mit seinen 828 Metern Höhe schlapp lachen, wenn er das wüsste.

Tallinn

Die alte Stadtmauer, die schönen Fassaden mit ihren spitzen Gibeln und die vielen Türme zeugen vom Wohlstand des Mittelalters und verleihen dem baltischen Tallinn einen märchenhaften Charakter, der mich an heldenhafte Ritter und schüchterne Mägde denken lässt. Wie sich das Leben hier wohl im 14. Jahrhundert abgespielt hat?

Tallinn

Tallinn

Eine Besonderheit der Stadt ist, dass sie sich in eine Unter- und eine Oberstadt aufteilt. Die Oberstadt, der sogenannte Domberg, war früher dem Adel vorbehalten, während in der Unterstadt die Kaufleute und Handwerker lebten. In Ober- und Unterstadt herrschten damals zwei unterschiedliche Rechtssysteme. Wollte jemand von der Oberstadt nach unten, musste er um den Schlüssel zu einem der zwei Tore bitten.

Heute darf ich mich frei bewegen und steige ohne Hindernisse zum Domberg hinauf, der seit jeher Sitz der Regierung ist. Plötzlich stehe ich vor der wunderschönen Alexander-Nevsky-Kathedrale, die mit ihren verwunschenen Zwiebeltürmen an russisch-orthodoxe Traditionen anknüpft und mich daran erinnert, dass Russland nur noch einen Katzensprung von Estland entfernt liegt.

Tallinn

Ein weiterer Höhepunkt auf dem Domberg ist das mächtige Schloss, in dem heute Parlament und Regierung residieren. Zu meinen absoluten Lieblingsorten gehören allerdings die beiden Aussichtsplattformen gleich nebenan. Von hier aus reicht der Blick über die roten Ziegeldächer und engen Gassen der Altstadt, bis hin zu den modernen Stadtteilen Tallinns und zur Ostsee, die in der Ferne dunkelblau leuchtet.

Auch den Hafen kann man von hier aus sehen. Dort liegen Fährschiffe aus Schweden, Russland und Finnland, sowie riesige Kreuzfahrtschiffe aus aller Welt. Da Tallinn am Finnischen Meerbusen der Ostsee liegt, ist die Stadt am besten per Schiff zu erreichen.

Tallinn

Tallinn

Auch ich war schon mehrmals mit dem Kreuzfahrtschiff in Tallinn und immer wieder zieht es mich zu den Aussichtspunkten auf dem Domberg. Am späten Nachmittag, wenn die Sonne tief steht und die meisten Kreuzfahrtpassagiere bereits verschwunden sind, ist die Atmosphäre hier oben am schönsten.

Warst du schon einmal in Tallinn? Wie hat dir die mittelalterliche Stadt gefallen? Warst du genervt von den vielen Gauklern und verkleideten Burgfräuleins oder hast du dich vom Charme der alten Gebäude verzaubern lassen?

Ich bin sehr gespannt auf deine Meinung und freue mich auf deinen Kommentar!

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14 Kommentare
  1. Antje

    17. April 2016

    Mir ist in Tallinn vor allem der Wollmarkt in Erinnerung geblieben. Ich habe mir dort damals eine für unsere Verhältnisse abefahrene Mütze gekauft. Aber wenn es so richtig, richtig kalt wird, ist sie einfach perfekt und hält wunderbar warm.

    • Julia

      18. April 2016

      Hallo Antje,
      auf dem Wollmarkt war ich leider nicht.
      Danke für den Tipp. Da muss ich beim nächsten Mal hin :)
      Alles Liebe, Julia

  2. Step

    17. April 2016

    War bei mir auch so – habe mit eine originelle Kombination aus Schal und Wollhaube gekauft, die ich seither im Winter liebend gerne trage. Die ‚Stadt ist wirklich sehr schön, vor Allem dann, wenn die Kreuzfahrtschiffe wieder abgelegt haben und sich die Massen an Pauschaltouristen, die einem Regenschirm folgen, verzogen haben. Tallinn ist am nettesten in der Früh und am späteren Nachmittag und Abend. Vielleicht fällt das mit der Aufgesetztheit so auf, weil die Stadt recht klein ist und diese Hanse Klischees auf sehr engem Raum recht intensiv auftreten……hab es aber eher belustigend als nervig empfunden. Essen war ich dann aber nicht in einem der nach Touristenfalle riechenden Burgfräulein Lokalen ;-))

    • Julia

      18. April 2016

      Hallo Step,
      danke für deinen Kommentar. Mir gefällt Tallinn auch am besten am
      späten Nachmittag, wenn die Tagestouristen verschwunden sind und
      Ruhe einkehrt. Obwohl der Rathausplatz mit den vielen Menschen auch
      seine Reize hat.
      Alles Liebe, Julia

      • Antje

        19. April 2016

        Haha, genau so eine Mütze meinte ich :D

  3. Janina

    18. April 2016

    Ich war gerade im Winter in Tallinn zur Weihnachtszeit und war total begeistert. Obwohl die kostümierten Mittelalter-Leute da auch Mandeln und Co. verkauft haben, erschien es mir nicht zu aufgesetzt. Mit den Lichterketten und dem großen Weihnachtsbaum auf dem Rathausplatz wirkte die Altstadt wie das reinste Winter-Wonderland trotz fehlendem Schnee (den ich mir erhofft hatte) – einfach märchenhaft. Klar, Touristen sind viele dort, aber ja irgendwie auch zurecht. Schöne Orte ziehen nun mal viele Besucher an… Tallinn war mich sogar eine der schönste Städte, die ich bisher besucht habe.

    • Julia

      29. April 2016

      Hallo Janina,
      Tallinn im Winter stelle ich mir auch besonders schön vor.
      Das würde ich auch gerne einmal erleben. Da passen auch
      dann die kostümierten Mandelverkäuferinnen perfekt :)
      Danke für den tollen Tipp und alles Liebe für dich,
      Julia

  4. Thomas Roth

    23. Januar 2017

    Hallo,
    bei meinem Besuch in Riga 2008 stieg die Stadt sofort unter meine 5 Lieblings-Städte
    (keine Schleichwerbung, aber sh. die Beiträge auf meinem Blog).
    Seit dem versuche ich händeringend wieder dorthin zu kommen (Riga).
    Ihr Artikel weist neben dem Text auch gute Fotos auf, da ich auch sehr viel fotografiere.
    Jetzt ist es mir gelungen (beruflich) im Sommer zum Sängerfest für 5 Tage nach Tallinn zu reisen mit einem Hotel in der Altstadt.
    Muss mich noch ein bisschen vorbereiten – somit kann ich gute Tipps Ihrem Artikel entnehmen.
    MfG

  5. Ronja

    26. Juni 2017

    Was mich wirklich immer stört an den Reiseberichten oder Blogartikeln über Tallinn, ist, dass die Stadt nur (also wirklich nur) auf ihre Altstadt reduziert wird. Natürlich ist die Altstadt schön und touristisch sehr aufgehübscht, aber man sollte sich doch auch mal die Mühe machen die “richtige” Stadt kennenzulernen. Kein Einheimischer (außer er hat wirklich sehr viel Geld und/oder gute Kontakte lebt in der Altstadt) und daher finde ich es wirklich schade, dass es anscheinend niemanden interessiert, das wahre Tallinn zu entdecken. Ich habe eine Zeit lang in Tallinn gelebt und bin daher wahrscheinlich im Vorteil, da ich genug Zeit hatte, die Stadt zu erkunden, aber so groß ist die Altstadt nun auch wieder nicht und noch dazu sind die öffentlichen Verkehrsmittel in Tallinn sehr günstig, sodass man wirklich schnell und bequem in andere Stadtteile gelangen kann. Also, allen, die Tallinn das nächste Mal näher kennen lernen möchten, lege ich sehr die Stadtteile Kalamaja (ein bisschen alternativ), Kadriorg (sehr historisch), Lasnamäe (typische Sowjetbauten) und das Künstlerquartier Telliskivi (sehr hipstermäßig, aber coole estnische Mode und Design) ans Herz. Bitte, bitte reduziert die Stadt nicht immer nur auf die von Touristen überlaufene Altstadt!

    • Julia

      27. Juni 2017

      Hallo Ronja,
      ich reduziere Tallinn keineswegs auf die ALtstadt, allerdings geht es in
      meinem Artikel, wie die Überschrift schon sagt, um das Mittelalter in Tallinn
      und da sich das nun mal ausschließlich in der Altstadt abspielt, ist der
      moderne Teil nun mal nicht Thema des Artikels.
      Viele grüße, Julia

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