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Waldbaden: Achtsamkeitswandern im Naturpark Habichtswald

Von
Deutschland

Waldbaden soll Stress abbauen, glücklich machen und eine heilende Wirkung haben. Was es mit dem Trend tatsächlich auf sich hat und wie sich Waldbaden auf Körper und Geist auswirkt, habe ich während einer Achtsamkeitswanderung im Naturpark Habichtswald ausprobiert.

Waldbaden Naturpark Habichtswald

Was bedeutet Waldbaden eigentlich?

Ursprünglich kommt der Begriff Waldbaden aus dem Japanischen, wo es unter dem Namen Shinrin-yoku schon seit den 80er Jahren als ganzheitlich anerkanntes Therapiekonzept gegen Stress eingesetzt wird. Wörtlich übersetzt bedeutet es „Eintauchen in die Waldatmosphäre“ und wird in Deutschland als Waldbaden bezeichnet.

Hinter dem Begriff Waldbaden verbirgt sich jedoch mehr als nur ein Aufenthalt in der Natur. Es geht weit über das Spazieren im Grünen hinaus, denn Waldbaden ist nicht wie eine Wanderung, die ein Ziel hat oder wie Joggen, um die Kondition zu verbessern.

Beim Waldbaden geht es darum, in den Wald einzutauchen, ihn bewusst zu erleben und die eigenen Sinne zu schärfen. Laut Wissenschaftlern soll das Waldbaden Blutdruck, Puls sowie das Stresshormon Kortisol schon nach einer Stunde nachweislich senken und sich nachhaltig auf Immun- und Nervensystem auswirken.

Waldbaden Naturpark Habichtswald
Waldbaden Naturpark Habichtswald

Waldbaden im Naturpark Habichtswald

An einem heißen Sonntagnachmittag treffe ich mich mit Naturparkführer Otto Hartmann auf dem Wanderparkplatz Erlenloch im Naturpark Habichtswald in Hessen. Eine kleine Gruppe ist zusammen gekommen, um sich dem 69-jährigen Experten anzuschließen. Sie alle wollen heute zum ersten Mal Waldbaden.

Bevor es los geht, erklärt Otto Hartmann die Regeln: Handys werden ausgeschaltet, Uhren werden abgelegt, denn Social Media und Zeitdruck braucht heute niemand. Anschließend verteilt er Steine an die Teilnehmer. Diese legen wir beim Betreten des Waldes in einem kleinen Ritual gemeinsam am Wegesrand ab und befreien uns somit symbolisch von Ballast, Stress und Alltagssorgen.

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Es gibt wichtigeres im Leben

Fühlen, riechen, hören, loslassen

Mit Hilfe einer Klangschale läutet Otto Hartmann die Stille ein. Ab jetzt wird geschwiegen. Im Schneckentempo wandern wir los, denn beim Waldbaden geht es nicht um die zurückgelegten Kilometer, sondern um Entschleunigung.

Wir gehen in der Gruppe und trotzdem ist jeder für sich alleine. Unsere Aufgabe ist es, den Wald mit all unseren Sinnen wahrzunehmen und uns mit der Natur zu verbinden.

Anfangs fällt mir das Ganze noch etwas schwer, denn obwohl ich mich oft in der Natur aufhalte und sehr gerne wandere, ist das Waldbaden eine neue Erfahrung für mich. Immer wieder erwische ich mich dabei, dass meine Schritte schneller werden und meine Gedanken abschweifen. Doch genau wie bei der Meditation, hole ich mich immer wieder ins Hier und Jetzt zurück, verlangsame mein Tempo und versuche, die Umgebung mit all ihren Details wahrzunehmen.

Das fällt schwerer als es klingt. Probier es aus!

Waldbaden Naturpark Habichtswald Efeu

Während ich ganz bewusst einen Fuß vor den anderen setze, achte ich auf Gerüche und Farben, auf Formen und Strukturen. Ich nehme das Zwitschern der Vögel, das Knacken der Äste und das leise Rascheln des Laubes wahr. Ich beobachte Ameisenstraßen auf dem Waldboden, entdecke winzig kleine Blumen am Wegesrand und spüre dabei, wie ich selbst ruhiger werde.

Am besten gefällt mir das Farbenspiel des Waldes. Es ist Spätsommer. Einige Blätter sind noch immer saftig grün, andere schon gelb und vertrocknet – beinahe herbstlich.

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Waldbaden Naturpark Habichtswald Baumrinde

Achtsamkeitsübungen im Wald

Zwischendurch wird das Schweigen gebrochen. Otto Hartmann liest Zitate und kleine Geschichten über den Wald vor. Außerdem leitet er Achtsamkeitsübungen an. Zunächst geht es darum, sich intensiv mit den Bäumen zu befassen, ihre Rinde bewusst zu fühlen und an ihren Stämmen zu riechen. „Am besten schließt ihr dabei die Augen,“ rät der Experte, „denn dann ist die Wahrnehmung noch intensiver.“

Auch beim Barfußlaufen werden die Sinne geschult. Ich spüre das weiche, kühle Moos unter den Fußsohlen, die spitzen Tannennadeln, das kitzelnde Laub. Mein Gedankenkarussell legt währenddessen zum Glück mal eine Pause ein, denn von meinem Alltag fühle ich mich bereits meilenweit entfernt.

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Waldbaden barfuß
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Fantasiereise auf der Blumenwiese

Auf halber Strecke rasten wir auf einer herrlichen Blumenwiese im Schatten. Die Vögel zwitschern, Insekten surren, Schmetterlinge fliegen umher. Eine Schweißperle läuft mir den Rücken hinunter.

Ich lege mich ins weiche Gras und schließe die Augen. Auch die anderen Teilnehmer liegen auf der Wiese oder sitzen im Schneidersitz und warten gespannt, was passiert.

Über eine kleine Box, die der Waldbademeister mitgebracht hat, ertönt Entspannungsmusik. Anschließend liest er mit ruhiger Stimme eine Geschichte vor und entführt uns auf einer Fantasiereise in eine andere Welt. Während der geführten Meditation vergesse ich endgültig alles und bin vollkommen im Hier und Jetzt präsent.

Waldbaden Naturpark Habichtswald Blumenwiese

Mein Fazit zum Waldbaden

Dass die Natur entschleunigend wirkt und mir dabei hilft Stress abzubauen, ist für mich keine neue Erkenntnis, denn ich suche meistens die Ruhe im Wald, wenn ich abschalten und meine Batterien aufladen möchte. Meine kleine Auszeit im Naturpark Habichtswald hat dieses Bewusstsein jedoch noch mal gesteigert und mir gezeigt, wie es sich anfühlt, den Wald ganz bewusst mit allen Sinnen zu erleben: Langsam gehen. Kleine Dinge am Wegesrand wahrnehmen. Fühlen. Riechen. Hören. Loslassen.

Das Waldbaden hat bei mir auf jeden Fall die Lust geweckt, künftig öfters mal in den Wald zu gehen und zwar nicht zum Joggen oder Wandern, wie ich es sonst meistens tue, sondern um intensiv einzutauchen.

Ich bin überzeugt davon, dass das Waldbaden stressgeplagten Menschen dabei hilft, das Lebenstempo ein wenig runterzufahren und den Alltag für ein paar Stunden hinter sich zu lassen, denn dadurch, dass der Verstand beim Waldbaden zurücktritt, können wir nicht nur die grüne Umgebung, sondern auch uns selbst besser wahrnehmen.

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5 Kommentare
  1. Otto Hartmann

    17. September 2019

    Ich bedanke mich bei allen Teilnehmer/_innen als Naturparkführer im Naturpark Habichtswald das ich diese Achtsamkeitswanderung führen durfte. Besonderer Dank gilt der Autorin Julia für diesen gelungenen Bericht.

    Naturparkführer Otto Hartmann

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