Großstadt vs. Landleben: Wie ich lernte, was mich wirklich glücklich macht
Aufgewachsen bin ich in einem 1.000 Einwohner großen Dorf in der Vulkaneifel. Jeder kannte hier jeden und das war schön so. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als Kind mit der Zinkkanne zum Bauernhof lief und dabei zusehen durfte, wie die Kühe von Hand gemolken wurden. Ich gab dem Bauern das Markstück, das meine Mama mir mitgegeben hatte und trug die warme Milch zu Fuß nach Hause.
Unser Haus stand mitten im Dorf. Wir hatten einen großen Garten mit bunt bemalten Hasenställen und einem Sandkasten. Neben dem Haus stand eine alte Scheune, in der Äpfel und Kartoffeln lagerten. Das größte Hobby meiner Eltern war es, alte Holzmöbel, die sie auf Antikmärkten an Rhein und Mosel ergatterten, in liebevoller Handarbeit zu restaurieren.
Meine jüngere Schwester und ich hatten immer Haustiere – Katzen, Hasen und später auch Hunde. Wir gingen zu Fuß zum Kindergarten und später zur Grundschule. Nachmittags spielten wir im Garten, im Wald oder mit den Nachbarskindern auf der Straße. Wir waren eigentlich immer draußen und wuchsen unbeschwert auf.
Als ich älter wurde, zog es mich in die Ferne. Kein Ziel auf dieser Welt war zu weit, kein Abenteuer zu groß und keine Reise zu lang. Ich sehnte mich nach Abwechslung, fühlte mich von lärmenden Millionenstädten angezogen, liebte die Hektik, die Reizüberflutung, die Unbeständigkeit.
Einige Jahre reiste ich mit meinem Backpack um die Welt, arbeitete mal hier und mal da, fuhr viele Monate lang zur See und lebte zwischendurch immer wieder in Berlin, wo die Supermärkte rund um die Uhr geöffnet haben, wo die U-Bahn im Zwei-Minuten-Takt fährt und wo man auch mittwochs nachts um drei aus dem Club kommen und warme Croissants mit Erdbeermarmelade frühstücken kann.
Großstadtliebe
Schon bei meinem allerersten Besuch, damals noch zu Studentenzeiten, verliebte ich mich in Berlin, in dieses unbeschreibliche Lebensgefühl, das die Stadt mir gab und in die unendlichen Möglichkeiten, die mir hier zu Füßen lagen.
Berlin und ich – das war Liebe auf den ersten Blick. Ich fühlte, dass ich hier hin gehörte und war mir sicher, dass diese Liebe für die Ewigkeit bestimmt war. Ich wollte nie wieder aus der Hauptstadt wegziehen.
Eine der Grundregeln in Berlin lautet: Nichts bleibt wie es ist. Wer hier wohnt, liebt Veränderungen und das tat ich. Alles war ständig im Wandel. Täglich eröffneten neue Cafés und Geschäfte und es gab immer wieder etwas zu entdecken.
Ich liebte es, sonntags in einem der vielen Cafés zu frühstücken, anschließend über Flohmärkte zu schlendern, mit Freunden auf der großen Wiese im Mauerpark zu liegen und abends noch spontan zu einem Konzert, ins Theater oder zum Poetry Slam zu gehen. In Berlin wurde es niemals langweilig.
Was ich außerdem liebte: Die permanente Verfügbarkeit von allem, wonach ich mich sehnte und die Anonymität der Großstadt. Ich feierte es, dass mich beim Einkaufen einfach niemand kannte und ich keine unangenehmen Smalltalks mit „alten“ Schulkameraden führen musste, wie es auf dem Land öfters mal der Fall ist.
Ich mochte die lauen Sommerabende am Landwehrkanal, die Ausflüge zum See, die Parties und Festivals, die verrückten Menschen, die ich in Berlin kennenlernte, die Kultur und das gute Essen. Die Auswahl an Cafés, Restaurants und Falafelbuden ist einfach so gigantisch, dass man das ganze Jahr lang jeden Tag woanders hingehen konnte. Das Angebot an veganen Gerichten ist dabei unvorstellbar riesig.
Für mich pulsierte in Berlin das Leben. Es herrschte sehr viel Offenheit, Toleranz und es gab unendlich viel Raum für Kreativität. Alle Möglichkeiten standen mir in der Hauptstadt offen – so erschien es mir damals.
Mir gefiel außerdem, dass ich zu jeder Tages- und Nachtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren konnte. Ich musste nie die Uhr im Blick behalten, um den letzten Bus zu erwischen und ich musste niemals darauf achten, ob ich nun ein Glas Wein trinken kann oder nicht.
Sehnsucht nach Stille
Drei Mal habe ich mittlerweile in Berlin gelebt. Einmal ganz im Osten in Lichtenberg, einmal ganz im Westen in Charlottenburg und einmal lag meine Wohnung sogar genau auf dem ehemaligen Grenzstreifen zwischen Kreuzberg und Neukölln, direkt am Landwehrkanal.
Zwischendurch zog es mich immer wieder weg – mal ins Ausland und mal aufs Land, denn trotz allem, was ich an Berlin so liebte, kam ich in der Stadt nie richtig an.
Ich spürte, dass mich die unendlichen Möglichkeiten, die mir einst als Freiheit erschienen, auf eine gewisse Art und Weise stressten, denn eine Entscheidung FÜR eine Sache bedeutete gleichzeitig auch immer eine Entscheidung GEGEN all die anderen Dinge, die ich unternehmen konnte und gaben mir ständig das Gefühl, etwas Großartiges zu verpassen.
Außerdem stresste mich der Lärm (und Berlin ist für eine Großstadt noch erstaunlich leise), das Gedränge auf den Straßen, die Polizeisirenen, das ständige Autogehupe, die Staus und die Parkplatzsuche (wenn ich mal ein Auto hatte), die überfüllten U-Bahnen und die weiten Distanzen innerhalb der Stadt.
Obwohl meine Schwester und ich beide in Berlin wohnten, brauchte ich fast eine ganze Stunde, um mit den Öffis zu ihr zu gelangen. Eine ganze Stunde! Das bedeutete auf dem Land, eine Freundin in 100 km Entfernung zu besuchen. In Berlin waren unsere Wohnungen gerade einmal 13 Kilometer von einander entfernt.
Wenn ich heute zurückdenke, fällt mir auf, wie konsumgesteuert mein Leben in Berlin war. Durch die ständige Reizüberflutung und das Überangebot von allem, ließ ich mich einfach wegschwemmen. Es war eine logische Konsequenz: Alleine beim Weg zum Bäcker kam ich an so vielen Schaufenstern und Geschäften vorbei, schaute hier mal kurz rein, ließ mich da von Dekoartikeln, Klamotten oder schönem Geschirr um den Finger wickeln und schon hatte ich ein neues Teil gekauft.
In der Großstadt konsumiert man einfach mehr, isst häufiger auswärts und lebt meiner Meinung nach weniger nachhaltig. Dieses Phänomen beobachte ich auch bei sehr vielen Stadtmenschen, denen ich auf Instagram folge.
Berlin veränderte sich mit den Jahren und immer mehr meiner Freunde redeten davon, zurück aufs Land zu ziehen. Viele alternative Locations fielen der Industrie oder dem Wohnungsbau zum Opfer. Alte Lagerhallen, die als Clubs genutzt wurden, verwandelten sich in gläserne Bürogebäude und plötzlich gab es immer weniger von den wirklich coolen Orten.
Für mich wurde die Stadt immer lauter, immer stressiger, immer voller. Ich sehnte mich nach Stille und obwohl ich häufig durch den Tiergarten spazierte, der immerhin 5,17 km² umfasst, fehlte mir die Natur. Meine Laufstrecke führte über Asphalt anstatt über weichen Waldboden und ich stellte fest: Ein Park ersetzt eben keinen Wald.
Nachts leuchteten die Lichter der Stadt so hell, dass ich die Sterne nicht sehen konnte. Die Verbindung zum unendlichen Universum fehlte mir dadurch sehr.
Irgendwann nervte mich sogar die Anonymität. Sie gab mir das Gefühl, ein winziges Rädchen in einem riesigen, kaum mehr überschaubaren Getriebe zu sein. Das Haus, in dem ich zuletzt wohnte, hatte über 40 Parteien und ich kannte nicht mal meine direkten Nachbarn. Zu allem Überfluss kostete mich meine 1-Zimmer-Wohnung mehr als ein Einfamilienhaus mit Garten auf dem Land.
Landleben
Mittlerweile lebe ich wieder in meiner Heimat, der Vulkaneifel. Ja, auf dem Land ticken die Uhren langsamer, es gibt keine U-Bahn, nicht mal einen Nachtbus, der mich nach Hause bringt, wenn ich das ein oder andere Glas Wein getrunken habe.
Früher bedeutete Landleben für mich Verzicht oder Mangel, denn es gibt hier keine hippen Cafés, die Cappuccino mit Hafermilch anbieten, kein Theater, keine Spätis und auch keine Supermärkte, die sonntags geöffnet haben.
Unsere Dönerbude hat immer noch kein veganes Gericht im Angebot (nicht mal Falafel!) und die Möglichkeiten sind begrenzt. Auf dem Land gibt es weniger Kaufanreize und dadurch auch weniger Konsum und das (ich habe lange gebraucht, um es zu begreifen) macht mindestens genauso, wenn nicht sogar noch viel, viel glücklicher.
Heute bedeutet Landleben für mich das komplette Gegenteil von Verzicht, denn hier gibt es mehr Grün als Grau, mehr Bäume als Beton. Die Luft ist reiner und wenn ich nachts mit Paddy durchs Dorf spaziere, dann ist es so still, dass ich meinen eigenen Atmen hören kann. Oft bleibe ich stehen, starre in den mit Sternen übersäten Himmel und erinnere mich daran, wie selten ich das in Berlin getan habe.
Auf dem Land zu leben bedeutet für mich, im Rhythmus der Natur zu leben. Ich erlebe die Jahreszeiten und ihre Wirkung viel intensiver, nehme den Wandel bewusster wahr und kann mich besser erden als in der Großstadt.
Wir haben hier auf dem Dorf mittlerweile einen großen Freundeskreis. Bei uns ist immer was los und ich habe ehrlich gesagt sogar mehr Kontakte als in der anonymen Großstadt.
Die perfekte Mischung aus Stadt- und Landleben, sozusagen das Beste aus beiden Welten, gibt es leider nicht. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann brauche ich nicht alle Restaurants der Welt in meiner Straße, brauche keinen Supermarkt, der 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geöffnet hat, brauche keine vollgestopften U-Bahnen, die im Zwei-Minuten-Takt fahren, brauche keine lästige Parkplatzsuche in der Rush Hour, brauche mittwochs nachts keine warmen Croissants mit Erdbeermarmelade und brauche keine winzige 1-Zimmer-Wohnung für 700 Euro im Monat.
Und was ich noch kapiert habe: Dass man nicht immer nur meckern kann, was es auf dem Land alles NICHT gibt. Stattdessen einfach mal selbst den Arsch hochkriegen, Sachen ausfindig machen, ins Leben rufen und erfinderisch werden.
Natürlich freue ich mich trotzdem jedes Mal sehr, wenn ich meine Schwester in Berlin besuche und all die Vorzüge der Großstadt nutzen kann, die ich auf dem Land nicht habe.
Und wie soll die Zukunft aussehen?
Zur Zeit wohnen wir in einer kleinen Mietswohnung auf dem Dorf mit einer Dachterrasse, die wir in eine grüne Wohlfühloase umwandeln.
Ich träume jedoch davon, in naher Zukunft noch ländlicher zu leben – am liebsten in einem alten, alleinstehenden Bauernhaus am Waldrand. Ich träume von einem hellen Wohnzimmer mit großer Glasfront und Blick in die Natur, von knarzenden Holzdielen, viel Licht, einem alten Kachelofen und einem großen Garten mit knorrigen Obstbäumen, zwischen denen ich meine Hängematte spannen kann.
Ich träume von vielen Beeten, in denen wir Gemüse, Küchen- und Heilkräuter anbauen, einer bunten Wildblumenwiese und einem Gewächshaus. Vielleicht von einer alten Scheune, in der wir alte Holzmöbel restaurieren und Brennholz lagern können, vielleicht von ein paar Hühnern und zwei orangefarbenen Katzen, denn heute weiß ich: Was mich wirklich glücklich macht, ist das Landleben.
DAS WIRD DIR AUCH GEFALLEN
Lisa
Liebe Julia, ich kann es sehr gut nachvollziehen, was du schreibst. Ich bin in Berlin geboren, meine Familie und meine Freunde wohnen dort. Mir hat das Leben in Berlin schon länger nicht mehr gefallen, die vollen U-Bahnen, die langen Wege zur Arbeit, zu Freunden, die am anderen Ende der Stadt wohnen, der Stress. Vor allem abends habe ich mich teilweise ziemlich unwohl gefühlt, wenn ich nach einem Abend bei Freunden unterwegs nach Hause war. Im November letztes Jahr bin ich dann nach Basel gezogen und fühle mich hier super wohl. Fast alle Wege lege ich mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurück, Cafés und Restaurants, Kultur, Clubs usw. gibt es auch, nur natürlich nicht in der Masse wie in Berlin. Die Natur drum herum ist super schön und vor allem das Schwimmen im Rhein im Sommer gefällt mir sehr. Das ist für mich nicht zu vergleichen mit dem Schwimmen im Wannsee oder im Schlachtensee in Berlin. Schlussendlich bin ich immer froh meine Familie und Freunde in Berlin zu suchen, freue mich dann aber auch wieder auf mein neues Zuhause in der Schweiz.
ameliedrs
Liebe Julia,
erst einmal finde ich deinen Beitrag außerordentlich schön geschrieben. Danke, dass Du Deine Gedanken mit uns teilst! Zudem ist er für mich sehr aufschlussreich und konnte mir einen tollen Einblick in die jeweiligen Vor-und Nachteile geben.
Weil ich selbst noch zur Schule gehe und bei meinen Eltern in einer Kleinstadt wohne, kann ich mich nicht genau mit einem der beiden „Extreme“ identifizieren (wobei mein Leben aus meiner Sicht garantiert nicht die „perfekte Mischung“ aus beidem, sondern eher nichts halbes und nichts ganzes ist). Deswegen zieht es mich auch nach der Schule in eine Großstadt, ich möchte unbedingt diese Erfahrung sammeln, die positiven UND negativen Seiten der Stadt kennenlernen, wie Du sie beschrieben hast. So, dass ich am Ende hoffentlich weiß, was besser zu mir passt und wo ich glücklicher werden kann.
Liebe Grüße! Amelie
Bianca
Hallo meine Liebe,
Ich bin am Land groß geworden, jedoch hatte ich die Hauptstadt immer in greifbarer Nähe. Für mich war es ideal, tagsüber den Trubel von der Großstadt, abends die Ruhe im Garten unterm Sternenhimmel. Heute ist es jedoch anders. Immer mehr Stadtmenschen ziehen in den sogenannten „Speckgürtel“. Vergessen jedoch häufig, wie das Ländleben eig abläuft. Mittlerweile kenne ich in meiner eigenen 350 Einwohner Dorf die Hälfte der Menschen nicht mehr. Es ist vielleicht für viele nicht nachvollziehbar aba es schmerzt wie sich das entwickelt, wenn man bedenkt das man früher einfach alle kannte. Dennoch für mich gibt’s nix schöneres als am Land zu wohnen. Die Natur vor der Tür gibt einen so viel Ausgleich in stressigen Berufsphasen. Liebe Grüße Bianca
Robert
Sehr schön, Deine Geschichte, vielen Dank. Du beschreibst die Gegensätze, Vor- und Nachteile sehr anschaulich. Ich habe lange in Berlin (nach der „Wende“ 1990-95) und München gelebt, bis es auch mir dort zu stressig wurde. Jetzt haben wir hier die Mischung aus Stadt- und Landleben: Stadtrand einer 340.000 Einwohner-Stadt mit Straßenbahnanschluss (die braucht 10 Min. ins Zentrum), Felder hinter dem Haus und in den Teutoburger Wald gehe ich von hier aus zu Fuß. Vor allem in Corona-Zeiten bin ich sehr dankbar, dass ich nicht mehr in der Großstadt lebe und den Wald möchte ich nicht mehr missen.
Anna
Als allererstes muss ich sagen wie wunderschön du diese beiden Varianten beschrieben hast – ich hab mich direkt abgeholt gefühlt! Aktuell lebe ich mit meinem Mann, Hund und Kind in Hamburg. Wir lieben diese Stadt, keine Frage. Aber auf lange Sicht ist es genauso wie du es beschrieben hast, es ist uns manchmal einfach zu viel. Zu viele Menschen, Autos, Geräusche und Angebote. Wir kommen ursprünglich vom Land aus der Lüneburger Heide und wollen dort eigentlich nicht mehr hin, aber auf jeden Fall wieder zurück aufs Land. Wir wollen Gemüse anbauen, Schafe hüten und morgens mit dem Hund durch den nebligen Wald streunern. Wir wollen den Kamin anmachen und im Sommer auf der Terrasse ein Glas Wein trinken und die Sonne langsam untergehen sehen ohne die 30 anderen Nachbarn in unserer direkten Umgebung zu hören.
Mareike
Liebe Julia,
wow, ein unendlich, für mich ergreifender, Beitrag. Toll geschrieben, irre authentisch. Du sprichst mir förmlich aus der Seele, ich kann so vieles so gut nachempfinden. Nach 15 Jahren Großstadt, Frankfurt am Main, „die Mainmetropole“, wohne auch ich nun auf dem Land. Und ja, das Landleben gibt mir so viel mehr zurück als unzählige Cafes, Shops, Restaurants, wo man nur hinsieht, u.v.m. Ich schätze die Natur um mich herum, die schönen Weinberge, die Wälder, und vor allem die Ruhe. Zukunftspläne? Am liebsten ähnlich wie Deine Pläne: ein eigenes kleines Häuschen, mit Garten, zum Anbauen, pflanzen und am liebsten wieder nahe meiner Heimat. Ich stimme Dir zu: das Landleben ist wundervoll. DANKE für diesen schönen Beitrag, der mir aus der Seele spricht. Ich sende Dir eine Prise Landluft aus dem Süden in die schöne Vulkaneifel – Mareike.
Susi
Wundervoller Text. Und ich kann alles so unterschreiben, auch wenn’s bei mir „nur“ Dresden war. Jetzt wohnen wir in einem 200 Jahre altem Haus in meiner Heimat, in dem schon mein Vater groß geworden ist. Leider wurde es die letzten Jahrzehnte nicht gepflegt. Es ist Fluch und Segen. Ich bin so dankbar, für Freiheit, Ausblick und Ruhe, aber manchmal wöllte ich am Liebsten alles verkaufen und in eine schöne, neue Wohnung ziehen, in der man sich um nix weiter kümmern und für nen warmen Hintern nicht erst Holz hacken muss, in einer Stadt, in der man auch Sonntag mal was einkaufen kann. Aber wenn ich meine kleine Tochter barfuß über die Wiese die Katzen jagen sehe, mit den Nachbarn quatschen, Käfer und Würmer ausbuddeln, weiß ich, dass für uns einfach nur DAS wirklich richtig ist. Außerdem ist es auch irgendwie schön, beim Bäcker oder in der Apotheke mit Namen begrüßt zu werden. Ich finde jeder sollte mal in einer Großstadt und auf dem Dorf gelebt haben. Der Blick übern Tellerrand und so ;)
Julia
Hallo Julia,
was für ein wundervoller Artikel, der jetzt auch genau meine aktuellen Fragen und Befürchtungen wiederspiegelt. Momentan lebe ich mit meinem Mann in einer kleinen zwei Zimmer Wohnung in Augsburg. Ich komme aber ursprünglich vom Land und bin aktuell hin- und hergerissen zwischen dem „Luxus“ vom Stadtleben (aktuell konnte ich ja noch nicht viel kennenlernen, wir wohnen dort erst seit letztem Jahr) und dem Platz und der Freiheit auf dem Dorf. Dort wo ich herkomme, gab es im Dorf nicht mal einen Supermarkt. Da finde ich es schon praktisch, wenn ich für‘s Einkaufen gehen kein Auto brauche. Wir sind aber derzeit auf der Suche nach was Größerem und deswegen stellt sich uns die Frage: Haus im Grünen oder Wohnung in der Stadt? Momentan ist der innere Kampf noch nicht final ausgefochten :-) deswegen fand ich es sehr schön deinen positiven Artikel über das Leben auf dem Land zu lesen.
Liebe Grüße Julia
Ranocchia
Ich habe das große Glück in einem Vorort von Frankfurt, direkt am Waldrand zu leben. Schon mein ganzes Leben. Ich bin schnell in der Natur, mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln aber auch im Taunus oder in der Innenstadt. Dort arbeite ich und bin jeden Tag froh, wenn ich wieder raus der Stadt und zuhause bin. Ich habe einen großen Garten, der viel Arbeit macht, aber der mich immer wieder erdet und mir so viel gibt. Ich weiß nicht, wie ich die Coronazeit ohne diesen Garten überstanden hätte. Mich zieht es immer in die Natur, auch auf meinen Reisen. Städtetrips brauche ich eigentlich gar nicht. Natur und Tiere zu sehen, das macht mich glücklich. Ich bin also 100% für das Landleben. Ich verstehe gut, dass Du wieder zurück in die Eifel wolltest und von einem alten Bauernhaus träumst.
Silvia
Liebe Julia,
wenn ich diesen Artikel so lese bin ich fast schon positiv schockiert, wie sehr mir jede einzelne Zeile aus der Seele spricht. Ich bin so richtig auf dem Land aufgewachsen, in einem kleinen Dorf, in dem die nächsten Nachbarn auch einige Meter entfernt lebten. Danach bin ich zum Studium weggezogen und später hat es mich nach München verschlagen. Ich wohne jetzt schon 7 Jahre in München und habe auch schon vor Jahren gemerkt, dass mich die vielen Reize irgendwie stressen und vor allem, dass ich das gar nicht brauche und das Konsumangebot nur sehr eingeschränkt nutze. Jedes Mal, wenn ich in die Berge zum Wandern fahre, atmet mein Inneres richtig auf und ich spüre in jeder Faser, dass ich im Grünen zuhause bin – nicht die versiegelten Stadtflächen. Im Moment zieht es uns Richtung Rosenheim. Mal gucken, was die Zukunft bringt. :) Vielen lieben Dank für diesen sehr persönlichen und wunderschönen Artikel. Der hat meine Sehnsucht noch stärker befeuert!
Liebe Grüße
Silvia
Lisa Ludwig
Seit ein paar Monaten sehne ich mich auch nach Ruhe und Stille. Vor allem aber erkenne ich immer wieder, wie egoistisch die Menschen in einer Grossstadt sind und durch C noch schlimmer geworden sind. Aggressiver, keiner bekommt den Mund auf, wenn er im Supermarkt an einem vorbei möchte.
Gerade bauen wir unseren Van aus und hoffen, dass wir schon ganz bald damit losfahren können. Dann stehen wir nur noch an ruhigen Orten und wachen morgens mit den Vögeln auf. Gehen am Abend mit dem Sternenhimmel ins Bett.
Obwohl Zürich nicht mal ansatzweise so gross ist wie Berlin, sind vor allem die Mietpreise etwas, was ich gar nicht mehr nachvollziehen kann. Wenn man sich 50 Kilometer weiter umschaut, zahlt man direkt 700 – 1000 CHF weniger für die gleiche Fläche an Wohnraum. Und wohnt dazu nicht an einer Strasse, sondern im Grünen.
Sarah
Wunderschön! Kann ich nichts weiter ergänzen. Ich habe beim Landleben geschmunzelt und auch so bei deiner Wortwahl. Lässt sich schön lesen. Ich bin voller Freude gerade und mein Herz ist warm.
Genauso fühlen sich beide Welten an und es ist schön ab einem gewissen Punkt im Leben seine Wurzeln wieder zu spüren und sie in der Natur, der Heimat, wieder tiefer wachsen zu lassen.
Amore an dich und deine Träume! ✨ ♥️
Jo
Bin gerade über deinen Blog gestolpert. Letztes Wochenende war ich in meiner alten Heimat auf dem Land. Beim Spazierengehen werde ich von Freunden von früher angesprochen, die ich unfassbare 25 Jahre nicht gesehen habe! Aber Zeit spielt keine Rolle auf dem Land. Dafür aber Loyalität. Bei der Frage: „könntest du dir vorstellen, wieder hierher zu ziehen?“ musste ich lange nachdenken.
Barbara
Danke für diesen Beitrag. Berührend und Sinn stiftend. Ich überlege gerade dem Stadtleben im lärmenden Rhein-Main-Gebiet irgendwie den Rücken zu kehren. Dein Beitrag nimmt meine Empfindungen auf, mich vom Stadtleben zu entkoppeln. Danke dafür.
Li
Bin zum Glück gerade auf deinen Blog gekommen. Vielen Dank für den schönen und ehrlichen Text.
Ich bin erst vor einigen Monaten wieder von Köln in meine niederbayerische Heimat gezogen und muss sagen dass ich mich noch gar nicht gut zurecht finde und noch nicht besonders glücklich hier bin. Speziell das mit den Freunden finde ich sehr schwierig und schade.
Ich hoffe dass es mir irgendwann auch so geht wie dir und ich mich wieder pudelwohl fühle und die Großstadtvorzüge nicht mehr brauche.
Lg