Polnische Ostsee im Herbst: Tipps für eine Auszeit am Meer
Wer die polnische Ostsee im Herbst besucht, kann sich auf eine wohltuende Ruhe in der sonst so trubeligen Region freuen. In der Nebensaison ticken die Uhren langsamer. Einsame, weite Sandstrände, leergefegte Küstenorte und die leuchtenden Herbstwälder des Wollin Nationalparks laden zur Entschleunigung ein.
Wenn du endlich mal wieder durchatmen möchtest, lange Spaziergänge an der rauen See magst, dir den Kopf vom Wind freipusten lassen möchtest und dir Stille wünschst, dann ist dieser Beitrag genau das Richtige für dich.
Hier kommen meine Tipps für die polnische Ostsee im Herbst.
Table of Contents
Polnische Ostsee
Als polnische Ostsee werden die insgesamt 524 Küstenkilometer bezeichnet, die sich vom östlichen Teil der Insel Usedom bis hin zur Danziger Bucht, an der Grenze zu Russland, ziehen.
Hier erwarten dich kilometerlange, helle Sandstrände, Kiefern- und Buchenwälder, türkisfarbene Seen, historische Seebäder sowie kleine, ursprüngliche Dörfer, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.
Misdroy
Misdroy (Międzyzdroje) ist wahrscheinlich der touristischste Ort an der polnischen Ostsee - und zugegeben nicht wirklich hübsch. Das Stadtbild ist von Plattenbauten aus der Zeit des Sozialismus geprägt und die Strandpromenade quillt über von kleinen Shops, die kitschige Souvenirs, Zuckerwatte, überdimensionale Tortenstücke in bunten Farben, Luftballons und Blinklichter verkaufen.
Schön ist einzig und allein der breite Sandstrand mit seiner Seebrücke. Sie ragt 395 Meter in die polnische Ostsee hinaus. Im Gegensatz zum Sommer, ist es hier im Herbst wunderbar ruhig. Du kannst lange Strandspaziergänge unternehmen, dir den Ostseewind um die Nase wehen lassen und abschalten.
Mit etwas Glück findest du sogar einen honiggelben Bernstein. Das versteinerte Harz wird oft als Gold der Ostsee bezeichnet und zieht Sammler magisch an. Vor allem nach Stürmen soll die Chance Bernstein zu finden sehr hoch sein. Aber Achtung, wie ich bereits in meinem Usedom Beitrag geschrieben habe, kann Bernstein schon mal mit Phosphor verwechselt werden.
Phosphor kann sich bei Temperaturen ab 20 Grad entzünden und schwere Brandwunden verursachen. Deshalb solltest du deine Fundstücke zunächst in einem Glas oder einer Blechdose aufbewahren und nicht in die Hosen- oder Jackentasche stecken.
Wollin Nationalpark
Der Wollin Nationalpark (Wolinski Park Narodowy) ist ein rund 109 km² großes Naturschutzgebiet auf der Insel Wollin. Das Besondere an diesem Nationalpark sind seine Kontraste: Auf der einen Seite Meer, auf der anderen Seite Wälder. Dazwischen Strände, Dünen und ein bis zu 95 Meter hohes Kliff.
Entstanden ist dieses faszinierende Fleckchen Erde vor etwa 12.000 Jahren, gegen Ende der letzten Eiszeit. Starker Wind und die Wellen der Ostsee formten das Kliff. Infolge von Naturgewalten ist die Landschaft auch heute noch ständig im Wandel. So soll sich das Kliff jährlich um etwa 80 Zentimeter verschieben.
Im Wollin Nationalpark leben viele geschützte und teils sogar vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Wer den Park erkunden möchte, kann deshalb zwischen einigen gut ausgeschilderten Wanderwegen wählen und sollte nicht abseits dieser Wege durch die unberührte Natur stapfen.
Aussichtspunkt Kaffeeberg
Falls du dir erst mal einen Überblick über den Wollin Nationalpark verschaffen möchtest, empfehle ich dir eine kleine Wanderung zum Aussichtspunkt Kaffeeberg (Kawcza Góra).
Der Weg führt von der Seebrücke in Misdroy am Strand entlang bis zu einem hölzernen Treppengerüst. Über die vielen Stufen gelangst du hinauf zum rund 57 Meter hohen Kaffeeberg. Zwischendurch gibt es immer wieder kleine Plattformen mit gigantischer Aussicht über die Pommersche Bucht.
Oben angekommen, führt ein geschlungener Pfad durch schöne Herbstwälder zurück nach Misdroy. Für diese etwa vier Kilometer lange Runde solltest du etwa 1,5 Stunden Zeit einplanen.
Roter Wanderweg
Möchtest du deine Wanderung durch den Wollin Nationalpark ausdehnen, folgst du einfach dem rot markierten Wanderweg von Misdroy bis zum Leuchtturm Latarnia Morska Kikut. Dieser Weg führt dich auf rund 12 Kilometern Länge unter anderem zum Gosań Berg, der höchsten Erhebung an der polnischen Ostsee.
Ziel des roten Wanderweges ist der 18 Meter hohe Leuchturm Kikut, der auf einem Hügel mitten im Wald steht. Sein Leuchtfeuer funktioniert vollautomatisch und ist rund 16 Seemeilen weit über die Ostsee zu sehen. Leider ist der Leuchtturm nicht zugänglich.
Kolberg
Die Hafenstadt Kolberg (Kołobrzeg) ist aufgrund ihres Heilklimas der bekannteste Kurort an der polnischen Ostsee. Im Zweiten Weltkrieg wurde Kolberg fast vollständig zerstört. Einige Gebäude, wie das imposante Rathaus auf dem Marktplatz und der Kolberger Dom, wurden originalgetreu wieder aufgebaut.
Besuche unbedingt den wunderschönen Leuchtturm aus rotem Backstein. Er wurde 1948 durch sowjetische Truppen errichtet. Heute ist er nicht mehr in Betrieb, kann aber gegen eine Gebühr von 8 Zloty (etwa 1,72 Euro) bestiegen werden. Die Aussichtsplattform bietet einen tollen Blick über Kolberg, den Hafen, die polnische Ostsee, den Sandstrand und die Dünen.
Jezioro Turkusowe
Der Jezioro Turkusowe ist ein malerischer, türkisfarbener See, dessen Ufer von dichten Buchenwäldern gesäumt werden. Seine außergewöhnlich intensive Farbe, die bei Sonnenschein wohl noch besser zur Geltung kommt als an einem grauen Herbsttag, stammt von den im Wasser gelösten Mineralien. Nachdem der Abbau von Kalk nach dem Zweiten Weltkrieg eingestellt worden war, wurde der Kreidebruch geflutet und so entstand der Jezioro Turkusowe.
Während der See im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel zu sein scheint, ist er in der Nebensaison eine wahre Ruheoase. Auf dem Wanderweg, der einmal um den See herum führt, ist uns kein einziger Mensch begegnet. Mit Einsetzen der Dämmerung war es fast schon ein bisschen unheimlich.
Swinemünde
Die knapp 41.500 Einwohner große Stadt Swinemünde (Świnoujście) befindet sich auf der polnischen Seite der Insel Usedom, dort, wo die Swine in die Ostsee mündet. Von Misdroy kommend, erreichst du Swinemünde ausschließlich per Fähre. Hier gibt es zwei Möglichkeiten:
- Als Fußgänger*in oder Radfahrer:in kannst du die Stadtfähre nutzen. Sie verkehrt etwa alle 20 Minuten zwischen dem Bahnhof auf der Halbinsel Wollin und der Swinemünder Innenstadt und ist kostenlos. Autos werden von der Stadtfähre zwar mitgenommen, allerdings gilt dies nur für Swinemünder Kennzeichen. Einzige Ausnahme: Von 22 bis 4 Uhr in der Nacht werden auch Fahrzeuge mit anderen Nummernschildern mitgenommen.
- Möchtest du unbedingt mit dem Auto nach Swinemünde übersetzen, musst du die Kasiborer Autofähre nehmen und Geduld mitbringen. Die Fähre befindet sich einige Kilometer südlich des Stadtzentrums und legt etwa alle 30 Minuten ab. Hier dürfen alle Kennzeichen mitfahren und die Überfahrt ist ebenfalls kostenlos. Einziger Nachteil: Die Warteschlange ist meist mehrere Kilometer lang, sodass du mit endlosen Wartezeit rechnen musst. Selbst in der Nebensaison standen wir knapp zwei Stunden an. Deshalb rate ich dir unbedingt das Auto stehenzulassen und als Fußgänger:in überzusetzen. Da der Fährverkehr der Autofähre nachts eingeschränkt ist, kannst du ab 22 Uhr auch die Stadtfähre nutzen.
Neben einer urigen Altstadt und einem sehenswerten Hafen, hat Swinemünde eine fein herausgeputzte Strandpromenade mit zahlreichen Cafés und Restaurants zu bieten. Im Herbst haben einige Lokale bereits geschlossen. Das Flanieren zwischen Springbrunnen macht trotzdem Spaß.
Übrigens wurde hier in Swinemünde schon 1824 die erste Badesaison eröffnet. Swinemünde ist somit das älteste Ostseebad auf Usedom. Erst danach folgten Heringsdorf, Ahlbeck und Bansin im deutschen Teil der Insel.
Radtour nach Deutschland
Falls du schon immer einmal mit dem Fahrrad eine Landesgrenze überqueren wolltest, ist dieser Tipp genau das Richtige für dich: Miete dir ein Fahrrad und fahre von Swinemünde in Polen zu den mondänen Kaiserbädern Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin in Deutschland.
Der etwa neun Kilometer lange Radweg führt ohne Steigungen durch bunte Herbstwälder, vorbei an schönen Villen und über die Europapromenade. An der deutsch-polnischen Grenze lohnt sich ein Stopp schon alleine wegen des Erinnerungsfotos.
Sobald du Ahlbeck erreicht hast, bieten sich zahlreiche Strandcafés zur Rast an. Besuche auch unbedingt die berühmten Seebrücken der Kaiserbäder. Ganz viele Tipps für den deutschen Teil von Usedom findest du in meinem großen Usedom Guide.
Stettin
Auf der Hin- oder Rückreise von Deutschland an die polnische Ostsee bietet sich ein Zwischenstopp in Stettin (Szczecin) an. Die rund 405.000 Einwohner zählende Stadt gilt als das Tor zur polnischen Ostsee und ist definitiv einen Besuch wert. Hinter den hässlichen Plattenbauten, die du zuerst zu Gesicht bekommst, erwartet dich nämlich eine historische Altstadt.
Sehenswert sind der Marktplatz mit seinen bunten Häusern und dem gotisch-barocken Rathaus, das Hafentor, die vielen Backsteinkirchen sowie das Stettiner Schloss, das auf einem Hügel über der Altstadt thront.
Piekarnia ormiańsko-gruzińska
Falls du während einem Stadtbummel Lust auf einen süßen Snack hast, schau doch mal bei Piekarnia ormiańsko-gruzińska vorbei. Hier gibt es warmes Brot, frisch aus dem Steinofen sowie leckere Croissants mit verrückten Füllungen, wie zum Beispiel Blaubeere und Frischkäse.
Kus Mnie
Ein richtig tolles Café, in das wir zufällig reingestolpert sind, ist das Kus mnie, das genauso gut in eine hippe Großstadt wie Berlin passen würde. Der kleine Laden ist komplett voller Pflanzen. Hier läuft coole Musik und auf der Karte gibt es ausgefallene Drinks und (nicht nur) vegane Gerichte.
Ferienhaus an der polnischen Ostsee
Für unseren Urlaub an der polnischen Ostsee haben wir uns ein großes Ferienhaus mit drei Schlafzimmern, zwei Badezimmern, einer großen Wohnküche, Terrasse und Sauna gemietet. Die Zimmer waren modern eingerichtet und lichtdurchflutet. Eine komplette Woche mit sechs Personen hat uns insgesamt nur rund 600 Euro gekostet.
Das Ferienhaus befindet sich in Zastan, auf der Halbinsel Wollin. Zur Fortbewegung bist du hier auf ein Auto angewiesen.
Einziges Manko am Ferienhaus: Pro Person und Woche wird lediglich ein einziges Handtuch zur Verfügung gestellt, das du für die Sauna und für die Dusche nutzen musst. Das ist meiner Meinung nach ein Ding der Unmöglichkeit. Da es auch auf Anfrage nicht möglich war, ein zweites Handtuch zu bekommen, empfehle ich dir, unbedingt selbst welche mitzubringen. Abgesehen davon waren wir mit dem Haus sehr zufrieden.
Hilfreiche Tipps für die polnische Ostsee
Beste Reisezeit
Die polnische Ostsee eignet sich theoretisch ganzjährig als Reiseziel. Die Hauptsaison ist jedoch von Juni bis August. In dieser Zeit hast du die besten Chancen auf Sonne und kannst im Meer baden. An den Stränden liegen die Handtücher allerdings meist dicht an dicht. Viele Orte sind völlig überlaufen, es werden viele Parties gefeiert und die Preise sind am höchsten.
In der Nebensaison kehrt in den Küstenorten Ruhe ein. Die Strände sind oft menschenleer, die Ostsee ist rau und stürmisch. Wenn du ausgedehnte Spaziergänge oder Radtouren unternehmen möchtest und dir Stille wünschst, dann ist der Herbst genau die richtige Jahreszeit für dich.
Der einzige Nachteil: Ab Oktober schließen einige Unterkünfte, Restaurants, Cafés und Sehenswürdigkeiten an der polnischen Ostsee. Wenn du dich in einem Ferienhaus selbst versorgst und nur hin und wieder auswärts isst, sollte das aber kein Problem sein.
Polnische Währung
Polen gehört zwar zur EU, bisher jedoch nicht zur Euro-Zone und hat deshalb keinen Euro. Die polnische Landeswährung ist der Zloty. Wechselstuben (Kantor) findest du an der polnischen Ostsee fast überall. Da der Wechselkurs in Polen günstiger ist als in Deutschland, empfehle ich dir, Euro mitzunehmen und vor Ort gegen Zloty zu tauschen.
Kulinarik
Die polnische Küche ist relativ deftig. Es wird vor allem sehr viel Fleisch und an der Küste natürlich auch viel Fisch aufgetischt. Vegetarisch oder gar vegan ist an der polnischen Ostsee leider eine echte Herausforderung - zumindest in den ländlichen Regionen. In größeren Städten wie Kolberg und Stettin habe ich vegane Cafés entdeckt, aber in den kleineren Küstenorten gab es - wenn überhaupt - nur ein einziges vegetarisches Gericht auf der Karte und das war Pizza Margherita.
Das einzige polnische Gericht, das ich probieren konnte, waren Piroggen. Das sind Teigtaschen, die meist mit Fleisch gefüllt werden. Die sogenannten pierogi ruskie (ruthenische Piroggen) sind jedoch vegetarisch. Sie enthalten eine Füllung aus Kartoffeln und Quark und werden mit glasierten Zwiebeln und Schmand serviert.
DAS WIRD DIR AUCH GEFALLEN
Dieser Beitrag enthält Werbelinks. Buchst du über einen dieser Links, erhalte ich eine kleine Provision. Für dich entstehen keine zusätzlichen Kosten.
Marvin
Hallo Julia,
vielen dank für diesen tollen Artikel. Ich werde auf jeden Fall diese Orte in Polen besuchen. Das hört sich alles wirklich gut an.
Herzliche Grüße
Marvin