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Das erwartet dich an deinem ersten Arbeitstag auf dem Kreuzfahrtschiff

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Arbeiten an Bord

Aufgeregt rutsche ich auf meinem Sitz hin und her, während der Zug in den Hamburger Hauptbahnhof einfährt. Meinen Arbeitsvertrag habe ich in der Tasche. Sieben Monate werde ich nun auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten. Ich bin nervös. Vorfreude und Angst wechseln im Minutentakt.

Unzählige Fragen schießen mir durch den Kopf: Was wird mich erwarten? Wie werden meine neuen Kollegen sein? Das Schiff? Der Job? Meine Kabine? Werde ich seekrank? So viele Abenteuergeschichten, gute und schlechte, habe ich von meinem Papa, meiner Tante und meiner Schwester gehört. Sie alle haben bereits auf Kreuzfahrtschiffen gearbeitet, aber selbst eins von innen gesehen, das habe ich noch nie.

Dies ist der Anfang einer langen Geschichte. Einer Geschichte, die mich für immer verändern sollte. Dass das Leben und Arbeiten auf dem Kreuzfahrtschiff mal zu einem wichtigen Teil meines Lebens werden würde, das ahnte ich damals noch nicht, als ich im Sommer 2012 in diesem Zug nach Hamburg saß. Damit du einen kleinen Eindruck davon bekommst, wie auch dein erster Arbeitstag auf dem Kreuzfahrtschiff aussehen könnte, werde ich dir heute den ersten Teil meiner Geschichte erzählen.

Welcome on board

Hamburger Hafen. Ich bin angekommen. Als ich das mächtige Schiff erblicke, kribbelt es im ganzen Körper. Dies ist nun also mein neuer Arbeitsplatz und mein neues Zuhause. Ich staune nicht schlecht.

Um das Kreuzfahrtschiff betreten zu dürfen, informiert die Security den Crewpurser. Dieser holt mich am Terminal ab. Mein Gepäck wird gescannt, dann folge ich dem Purser in den Bauch des Schiffes. Noch habe ich keinen blassen Schimmer davon, was mich an Bord erwarten wird.

„Your passport please!“ Zuallererst muss ich meinen für mich so wertvollen Reisepass abgeben. Goodbye Freiheit! Wir sehen uns in sieben Monaten wieder. Sieben Monate, das sind 210 Tage, die ich nicht nur auf dem Schiff leben, sondern auch arbeiten werde. Wochenenden und Feiertage wird es für mich nicht geben.

Ich fülle etliche Dokumente aus. Heimatadresse, Körpergröße für die Uniform, Allergien etc. Ein Mitarbeiter des Crew Büros überreicht mir ein Namensschild und eine Crew ID Karte, mit der ich mich ab sofort ausweisen werde. Mein Reisepass wird einbehalten, Piercings werden entfernt, Tattoos überklebt. Ab sofort bin ich offizielles Crewmitglied einer 700-köpfigen Mannschaft.

Die Gänge, durch die wir uns nun kämpfen, sind eng und ein wenig steril. Wie soll ich mich hier bloß jemals zurecht finden? Beim Tailor erhalte ich meine Uniform. Die Hose muss um drei Zentimeter verlängert, das Oberteil enger genäht werden. Dann passt alles.

Meine neues Zuhause

Nun sehe ich endlich meine Kabine, mein neues Zuhause. Sie befindet sich auf Deck drei, unterhalb der Wasseroberfläche. Als ich die Zimmertür mit meiner Chipkarte öffne, ist es stockdunkel. Meine Mitbewohnerin schläft. Sie scheint Mittagspause zu haben. Leise taste ich mich vorwärts, um meinen Koffer vor dem Bett abzustellen.

Zum Ausräumen bleibt erst mal keine Zeit, denn das erste Training beginnt. In einem Vorführungsraum werden alle neu aufgestiegenen Crewmitglieder versammelt. Es gibt eine allgemeine Willkommensrede, gefolgt von allerhand wichtigen Infos über das Schiff, die Regeln und die Sicherheit. Kurz darauf findet auch schon die für alle Passagiere und Besatzungsmitglieder verpflichtende Seenotrettungsübung statt, bei der jeder einer festgelegten Aufgabe nachzugehen hat. Ich merke schon, es gibt noch viel zu lernen für mich.

Nach dem Drill lerne ich endlich meine neuen Arbeitskollegen kennen. Natürlich nicht alle 700, aber die aus meiner Abteilung, mit denen ich am engsten zusammenarbeiten werde. Das Team ist nett.

Tschüss Hamburg

Plötzlich werden die Motoren eingeschaltet und das Schiff beginnt zu vibrieren. Das mächtige Schiffshorn ertönt. Ich zucke zusammen und laufe nach draußen, um das Spektakel mitzuerleben. Die Taue werden an Bord gezogen, die Schrauben wirbeln weißen Schaum auf. Über Lautsprecher ist die Schiffshymne zu hören. Dann bewegt sich das Kreuzfahrtschiff und verlässt langsam den Hafen.

Auf Deck 12 stehen die Gäste an der Reling und stoßen mit Sekt an. Freudig winken sie den Menschen zu, die am Elbufer stehen und ebenfalls winken. Ein unbeschreibliches Gefühl ergreift mich.

Nach dem Ablegen beginnt die Arbeit. Ein Teamkollege erklärt mir die groben Abläufe, weist mich in das Kassen- und Computersystem ein, zeigt mir die Arbeitspläne usw. Puh, wie soll ich mir das nur alles merken?

Die Crew Mess

Um 23 Uhr schließen wir die Abteilung und gehen gemeinsam in die Crew Mess, die Kantine der Crew. Erst jetzt merke ich, dass ich den ganzen Tag noch keinen Bissen verdrückt habe. Wirklich Hunger habe ich auch jetzt nicht. Zu viele Eindrücke, zu viele Infos, zu viele neue Gesichter. Alles, was heute auf mich einprasselt, muss erst einmal verarbeitet werden.

Ich schaue mich um. Die Kantine ist hell und riesig. 700 Leute können hier futtern. Kellner, Mechaniker, Friseure, Fotografen, Showtänzer, Kinderbetreuer, Zimmermädchen, Lagerarbeiter, Rezeptionisten, alle sitzen sie in ihren Uniformen an den langen Tischen und essen. Einige scheinen in interessante Gespräche verwickelt zu sein, andere sitzen stillschweigend vor ihren Tellern und sehen müde aus.

Ich nehme mir ein Tablett und lasse es auf der Ablage entlanggleiten. Es gibt Reis und Gemüse, Nudeln, Salate, Fisch und Fleisch. Etwas schüchtern nehme ich mir eine Scheibe Brot und Käse. Ich setze mich zu meinen Arbeitskollegen an den Tisch und beobachte die anderen. Alle im Raum scheinen mich anzuglotzen. Kein Wunder, ich bin die Neue.

Crew Bar

Mittlerweile ist es 24 Uhr. Ich bin totmüde und möchte nur noch ins Bett fallen. Aber anscheinend geht der Spaß unter Deck jetzt erst richtig los. Meine neue Kollegen schleppen mich mit in die Crew Bar. „Am Embarkationday [dem Tag, an dem die neuen Passagiere aufsteigen und eine neue Reise beginnt] ist Crew Bar Pflicht,“ zwinkert mir einer meiner Kollegen zu. „Da kannst du die Neuen alle gleich kennenlernen.“

Die Crew Bar ist ein relativ kleiner, dunkler Raum mit einer Theke, ein paar Sitzgelegenheiten, bunten Lichtern und einer Tanzfläche. Es stinkt nach Zigarettenqualm. Die Luft kann man schneiden. Viele Crewmitglieder haben ihre Arbeitsuniform noch an, andere lehnen in Jogginghose und Flip Flops an der Wand und rauchen, wieder andere haben sich in schicke Abendrobe geworfen, als würden sie zum Galaabend gehen.

„Hier, für dich.“ Eine Kollegin drückt mir einen Vodka-Cranberry im Plastikbecher in die Hand und prostet mir zu: „Endlich Feierabend!“ „Willkommen im Team,“ sagt ein anderer. Dass ein Getränk in der Crew Bar nur 80 Cent kostet, erfahre ich erst später. Aber ich muss aufpassen, denn wie ich am Nachmittag gelernt habe, liegt die Alkoholgrenze bei 0,05 Promille.

Gute Nacht

Um 2 Uhr schließt die Crew Bar. Danach darf die Crew sich nicht mehr außerhalb der Kabinen aufhalten. Endlich gehe ich in meine Kabine. Das heißt, eigentlich verlaufe ich mich erst mal in den Gängen, bis sich irgendwann einer erbarmt und mir den Weg weist.

Meine Zimmernachbarin schläft noch immer, oder wahrscheinlich wieder. Im Dunkeln ziehe ich meine Zahnbürste und ein Schlafshirt aus dem Koffer. Ich krabbele die schmale Leiter des Stockbettes hinauf und stoße mir den Kopf an der Decke. Völlig fertig lasse ich den Kopf auf mein Kissen sinken. Das war also mein erster Arbeitstag auf dem Kreuzfahrtschiff. Ganz schön verrückt! Bevor meine Augen zufallen, stelle ich den Wecker. Alarm in 4 Stunden und 11 Minuten. Arbeitsbeginn ist um 7 Uhr. Na dann, gute Nacht!

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